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Jesus spricht: „Siehe, ich bin bei Euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“ (Matthäus 28, 20)

 

Letzte Worte. Ihnen kommt immer eine große Bedeutung zu. Goethe soll auf seinem Sterbebett gesagt haben „Mehr Licht!“ Viele haben das interpretiert als eine Erkenntnis, die man eben auf der Schwelle vom Leben zum Tod erfährt. Von dort drüben leuchtet Licht ins Leben, das Licht der Ewigkeit, der Wahrheit, der Vollkommenheit. Witzbolde haben festgestellt, dass Goethe Sachse war. So könnte er gesagt haben „Mer liecht hier so unbequem“ oder auch “Mer liecht nix mehr am Läbn“. Vielleicht war es auch nur der Befehl an den Diener, die Fensterläden zu öffnen? Wir wissen es nicht und werden es auch nie herausfinden.

Von ganz anderer Qualität sind da die letzten Worte Jesu, die ja vorletzte sind. Laut dem Evangelienschreiber Matthäus hatte er seine Nachfolgerinnen und Nachfolger auf einen Berg bestellt, um ihnen sein Vermächtnis zu geben. Also auch uns. Sie – also auch wir – sollen in der Zwischenzeit, bis er sein letztes Wort spricht, die gute Nachricht verbreiten. Allen Völkern, allen Menschen. Und sie in dem unterweisen, was er uns beigebracht hat. Und sie taufen. Eigentlich eine Bitte, fruchtbar zu sein. Andere auch zu Jüngerinnen und Jüngern machen.

So sind wir seitdem unterwegs. In 2.000 Jahren Kirchengeschichte hat die Kirche Milliarden von Menschen zumindest eingeladen. Wie viele sie davon mit Zwang und Drohung vor dem Höllenfeuer in ihre Mauern gelockt hat, lassen wir einmal dahingestellt. Denn es hat nichts mit der Froh-Botschaft zu tun. Die Droh-Botschaft ist Jesu Sache nicht. Er will Menschen, die Gott aus ganzem Herzen und mit jeder Faser ihres Seins lieben. Andere folgen wer weiß wem nach, ihm jedenfalls nicht.

So sind wir auch in Reutlingen unterwegs. Wollen es auf jeden Fall sein. Und nicht immer gelingt uns das. Nicht immer ist die frohe Botschaft auch als solche zu erkennen. Vieles schleicht sich immer wieder ein in diese Botschaft von der unbedingten Liebe Gottes zu seinen Geschöpfen und zu seiner ganzen Schöpfung. Wir sind noch nicht frei von Machtgelüsten und Gier nach einem bequemen Leben im Wohlstand, das uns nichts kostet. Aber wir bemühen uns. So lehren wir, so predigen wir, so taufen wir – an Ostern wieder einmal. Worüber ich mich ganz besonders freue ist, dass es uns gelungen ist, in jedem Jahr, in dem ich hier in Reutlingen Pastor bin und war, ein Tauffest zu feiern.

Nun sagt uns Jesus für diese Zwischenzeit nicht zu, dass es uns gut gehen wird. Dass er Unglück und Leid von uns fernhalten wird. Er sagt uns auch nicht, dass wir unseren Auftrag immer mit einem glückseligen Lächeln ausführen werden. Es wird uns auch gehen wie Jesus und den Propheten vor ihm. Wir werden auch verspottet werden, verlacht und verfolgt. Einige von uns sind auch gekreuzigt worden, weil sie sich zu ihm bekannt haben. Aber er hat uns etwas anderes versprochen: er wird nie weggehen. An jedem Tag – bis ans Ende der Welt wird er da sein. Uns nahe sein. Uns einhüllen in seine Liebe und seinen Frieden. Egal, was passiert.

Ich lese gerade die Bücher von Maja Lunde „Die Geschichte der Bienen“ und „Die Geschichte des Wassers“. Sehr eindrücklich wird uns dort geschildet, was passieren wird, wenn wir nicht anfangen, gegenzusteuern. Wir werden unseren Planeten unbewohnbar machen, wenn wir Monsanto, Bayer und Nestle weiter machen lassen. Wenn wir nicht zu den natürlichen Lebensbedingungen zurückkehren und wenn wir die Bevölkerungsexplosion nicht in den Griff bekommen.

Ein schwacher Trost? Dass Jesus an jedem Tag bis zum Untergang bei uns ist? Könnte man sagen, wenn man nur sein irdisches Leben im Fokus hat. Ein starker Trost, weil wir in diesem Monat nicht nur Taufe, sondern auch Karfreitag und Ostern feiern. Der Sieg des Lebens über den Tod. Aber nicht vorläufig, sondern endgültig. „Ist Christus nicht von den Toten auferstanden, dann sind wir die elendsten unter allen Geschöpfen“. Aber es ist ausgemacht: Jesus siegt. Sein letztes Wort hat die ganze Welt nach Hause geliebt. „Es ist vollbracht“.

Noch leben wir in der Zwischenzeit, in der Zeit der vorläufigen Worte.

Zwischen Himmel und Erde ist ein Riss und ein Kampf zwischen Licht und Finsternis

In dieser Zwischenzeit, in dieser Zwischenzeit.

Zwischen Himmel und Erde sind wir noch und das, was wir nicht wollen, tun wir doch

In dieser Zwischenzeit, in dieser Zwischenzeit.

Mitten in dieser Welt, doch nicht von dieser Welt. Wir gehören zu dir und doch sind wir noch hier.

Zwischen Himmel und Erde hängst du dort. Ganz allein und verlassen von Mensch und Gott
zwischen Himmel und Erde ausgestreckt, dort am Kreuz.

Zwischen Himmel und Erde hängst du dort. Wo die Balken sich kreuzen, ist der Ort. Wo sich Himmel und Erde trifft in dir, dort am Kreuz. (Albert Frey)

Da hinein strahlt Ostern. „Mehr Licht“. Ostern ist der Vorschuss auf das letzte Wort Gottes und seines Christus. Das Alte vergeht – siehe, ich mache alles neu!

 

Eine besinnliche Karwoche und ausgelassen frohe Ostern!

 

Euer Pastor G. Mahler