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Freundliche Reden sind wie Honigseim, süß für die Seele und heilsam für die Glieder. Sprüche 16, 24

Was um alles in der Welt ist „Honigseim“? Honigseim ist ungeläuterter Honig, wie er aus der Bienenwabe abfließt. Also pappsüß, würde ich mal sagen. Und ich frage mich, warum die Herrnhuter ausgerechnet zum Tag meines Dienstendes als Verkündiger des Evangeliums diesen Spruch ausgelost haben. Meine letzte Predigt in Reutlingen am 26. Mai war überschrieben mit dem Motto „Mein Wort kommt nicht leer zurück“. Als ich dieses Thema vor langer Zeit als Schlusspunkt und „Finale Furioso“ meines Dienstes ausgesucht habe, ahnte ich nichts von der Herrnhuter Lostrommel. Und mich erschreckt dieser Spruch der Monatslosung. Denn er klingt nach „Schleimer“, „Hof-berichterstatter“, „Gefälligkeitsver-kündiger“. Und wenn ich eines nicht sein wollte als Journalist und Verkündiger des Evangeliums von Jesus Christus, dann war es eben dies: Anbiederer, der sich von seiner Gabe der Wortgewandtheit Vorteile verspricht. Also begebe ich mich in die Fundgrube der Schrift und finde ein anderes Bruchstück, das mir weit besser gefällt: Eure Rede sei stets gefällig, mit Salz gewürzt, damit ihr wisst, wie ihr jedem zu antworten habt“ (Kolosser 4, 6).

Gefällig kann man schon mit freundlich übersetzen. Süß für die Seele – solche Worte tun wohl. Wenn das Salz dazu kommt, dann ist die Rede auch heilsam. Allerdings ist die heilende Wirkung von Salz nicht ganz schmerzfrei. Wobei wir wieder bei den Bienen wären. Wenn ich als Kind von einer Biene gestochen wurde, saugte meine Mutter den Stich aus (um das Gift rauszuziehen) und streute Salz auf den Einstich. Das brannte. Und heilte.

Wenn ich in den knapp 39 Jahren meines Dienstes als Pastor und Journalist also Honigseim und Salz verteilt habe, dann habe ich es im Vertrauen auf Gott getan, der mir – falls ich auf ihn gehört habe – die richtige Dosierung mitgegeben hat. Sein Wort in meinem Mund sollte trösten, aus- und aufrichten, aufrütteln, manchmal wohl- und manchmal weh tun. Ob mir das gelungen ist, das mögen andere beurteilen. Ich erinnere mich an einen Stoßseufzer meiner Mutter, da war ich noch ziemlich jung und hatte damals schon eine große Klappe. Ich (Jesus) sage euch aber, dass die Menschen müssen Rechenschaft geben am Jüngsten Gericht von einem jeglichen unnützen Wort, das sie geredet haben.“ Meine Mutter zitierte Matthäus 12, 36 und meinte, dass das Jüngste Gericht für ihren Günter sich wohl ganz schön in die Länge ziehen würde… Als „Berufsschwätzer“ habe ich mich gerne selbst bezeichnet und dabei immer gehofft, dass wenigstens manche meiner Worte das ausgerichtet haben, wozu Gott sie mir in Herz und Sinn gegeben hat. Dankbar war ich stets für Rückmeldungen, dass es punktuell gelungen ist. In Leserbriefen, Hörer-Rückmeldungen und Feedbacks nach Predigten kam das vor. Und ich sage ausdrücklich: die ärgerlichen Hörer und Leser waren für mich die Wichtigeren. Weil sie offensichtlich von meinen (und damit auch zuweilen von Gottes) Worten getroffen worden sind. So lege ich zwar nicht getrost – aber zumindest getröstet – meinen Dienstauftrag zurück in Gottes Hände. Ich bin nur der Sämann. „Wachsen und gedeihen steht in des Herren Hand“. Danke, dass ihr mich drei Jahre lang geliebt, manchmal ertragen aber doch stets getragen habt – mit Euren Gebeten. Sie haben mich in Predigtvorbereitung und auf der Kanzel umgeben und ich habe es gespürt. Macht weiter so, betet für Daniel Meisinger, für den oder die neue Kollegen/in – wir haben das bitter nötig. Und dann habe ich mit meinen Worten auch noch Geld verdient, habe meine Begabung zum Beruf gemacht. Und der Auftrag, in Gottes Namen zu reden, war mir Berufung.

„Ich weiß gar nicht, lieber Pastor, wie ich Ihnen für ihre Predigt danken soll!“ „Ooch“, meint der Mann Gottes, „seit die alten Phönizier das Geld erfunden haben, gibt es dafür eine hervorragende Möglichkeit.“

Ich danke Euch für drei wunderbare, nicht immer leichte Jahre in Eurer Gemeinschaft. Was leicht ist, ist oft auch nichts wert. Honig und Salz – beides haben wir miteinander geteilt. Ich habe nur einen Wunsch: geht miteinander auch in Zukunft genau so um: „Eure Rede sei stets gefällig, mit Salz gewürzt, damit ihr wisst, wie ihr jedem zu antworten habt“. Süß für die Seele und heilsam für die Glieder. Gott segne Euch! Wir bleiben in der Gemeinschaft unseres Herrn Jesus Christus verbunden!

Euer Günter Mahler